Frühe russische Ikonen
Autor/in: Nikolai Kusmin und Tatjana Mawrina
Titel: Frühe russische Ikonen
Verlag: VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig, 1978
Einleitender Artikel von einem der führenden sowjetischen Kunsthistoriker Michail Wladimirowitsch Alpatow, 1902—1986
Große Ikonensammlungen befinden sich Russischen Museum in Leningrad, in der Tretjakow Galerie und im Rubljow Museum in Moskau sowie in den Staatlichen Museen vieler anderer russischer Städte.
Doch auch in kleinen persönlichen Sammlungen haben Kenner und Liebhaber der altrussischen Malerei diese Schätze derVergangenheit zusammengetragen und restaurieren lassen.
Eine solche mit liebevollem Verständnis geschaffene und gehegre Privatkollektion stellt diese Mappe vor.
Die Sammlung birgt manchen Überraschende.
Tafeln wie die «Verkündigung», die «Darbringung im Tempel» und die «Gottesmutter Umilenie» kommen in ihrer Bedeutung den klassischen Beispielen der Renaissance gleich.
Die mit fragendern Gesicht ihrer Herrin zugewandte Magd mit der Spinnhechel ist eine volkstümliche Zugabe des Malers zu der genanten Darstellung, diesonst auf den Verkündigungsengel Gabriel und auf Maria beschränkt zu sein pflegt.
Von stiller, verinnerlichter Schönheit ist die Ikone mit der Umilenie, der «Gottesmutter der Rührung».
Ganz anders wieder die historisch sehr interessante Tafel «Nikita der Teufelsbezwinger»: Sie ist bis zum Bersten mit Figuren gefüllt.
Bei der hagiographischen Tafel «Nikolaus mit Vita» fällt in jedem Randbild eine mit ganz besonderer Hingabe gemalte Figur ins Auge, etwa im dritten Feld oben die heftig zurückgebeugte Gestalt oder in dem große Leidenschaftlichkeit aus, besonders in dem Feld, das die Niederlage der unredlichen Susdaler zeigt.
Die beiden Tafeln mit den Erzengeln Michael und Gabriel waren einst Bestandteil eines ganzen Ikonostas.
In den Umrissen folgen sie streng den kanonischen Regeln, doch sind diese beiden Halbfiguren geradezu Juwele unserer altrussischen Malerei, vor allem wegen ihrer ausgewogenen farblichen Wechselbeziehungen.
In der kleinen Privatsammlung gibt es eine bedeutende Anzahl Ikonen der nördlichen Schule; oft wurden diese Tafeln von Meistern gestalter, die sich mit bäuerlicher Handwerkskunst befaßten.
So erfahren wir aus solchen Ikonen etwas vom Verhältnis des Volkes zur Kunst.
Vielleicht gehört auch die Tafel «Boris und Gleb» der nördlichen Schule an — sie zeigt zwei Idealgestalten, mit Gebärden von hoher Ausdruckskraft.
Die Florus- und- Laurus-Ikone dieser Privatsammlung erinnert in ihrer schlichten Technik und ihrer naiven Handschrift eher an eine bäuerliche Darstellung oder an eine Kinderzeichnung.
Eine andere Tafel der nördlichen Schule, «Der Prophet Elias mit Vita», gleicht einer beredten Erzählung.
Während viele andere hagiographische Ikonen im Mittelfeld nur die Gestalt des Heiligen zeigen, um dichter Fülle weitere erzählerische Einzelheiten aus dem Leben des Propheten.
An vielen Ikonen der nördlichen Schule fällt auf, daß verschiedene Sujets auf einer Gottesmutter viermal wiedergegeben, dabei versuchte er, ihr jeweils Züge zu verleihen, die derdargesellten Begebenheit entsprechen.
Irgendwo im Süden unseres Landes ist die Tafel «Heiliger Katharina und Heiliger Merkurius» gemalt worden.
Kräftig weiß gehöhte Partien auf den Gesichtern und der Kleidung fesseln den Blick des Betrachters ebenso wie der Gegensatz zwischen der unbeweglichen Pose Katharinas und der heftigen Bewegtheit des Kriegers.
So hat jede Tafel der kleinen Privatsammlung ihre Besonderheiten.
In ihr sind Werke vereint, die zum Schönsten gehören, was altrussische Künstler zur Weltkultur beigetragen haben.
W. Alpatow

Der Heilige Merkurius tötet Julian den Abtrünnigen, und die Heilige Katharina
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Herkunft: Sammlung von M. I. Tyulin, später N. Kuzmin und T. Mavrina
XIV. Jahrhundert nach M. W. Alpatow
Ende des XV. Jahrhunderts — erstes Drittel des XVI. Jahrhunderts nach G. Gerov
nördlichen Schule
Holz, Tempera, 60×41 cm
Michail Iwanowitsch Tjulin, 1876—1964, ist ein berühmter Moskauer Restaurator, der aus Mstera stammt.
Wiederhergestellte Ikonen für die Ikonensammlung I. P. Nosov.
Im Jahr 1919 zusammen mit I. I. Ovchinnikov, I. I. Suslov, A. A. Alekseev enthüllte die Ikonen des Deesis-Ranges von A. Rublev, dem sogenannten Swenigorod-Rang
Georgi Gerov, Doktor der Kunstgeschichte, Leiter der Abteilung für mittelalterliche orthodoxe Kunst.
Krypta der Nationalen Kunstgalerie Bulgariens, Sofia

Gottesmutter Umilenie
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Herkunft: Sammlung von N. Kuzmin und T. Mavrina
XIV. oder XVI. Jahrhundert nach M. W. Alpatow
Wologda
Holz, Tempera auf Pawoloka, 31×20 cm
Собрание Н. Кузьмина и Т. Мавриной, Икона «Святой Меркурий, убивающий Юлиана Отступника, и Святая Екатерина».
XIV век по мнению М. В. Алпатова
конец XV — первая треть XVI века по мнению Г. Герова
Дерево, темпера, 60×41 см
Публикации: «Nikolai Kusmin und Tatjana Mawrina: Fruhe russische Ikonen»; вступительная статья одного из ведущих советских историков искусства Михаила Владимировича Алпатова, 1902-1986, Лейпциг, 1978, стр. 14, № 2
Происхождение: собрание М. И. Тюлина, позднее Н. Кузьмина и Т. Мавриной
Михаил Иванович Тюлин, 1876–1964 — известный московский реставратор, выходец из Мстеры.
Реставрировал иконы для коллекционера икон И. П. Носова.
В 1919 году совместно с И. И. Овчинниковым, И. И. Сусловым, А. А. Алексеевым раскрывал иконы деисусного чина А. Рублева так называемый Звенигородский чин
Георги Геров — доктора искусствоведения, заведующего Отделом средневекового православного искусства
Крипта Национальной художественной галереи Болгарии, София
An die liebe Sofja Timofejewna und Michail Wladimirowitsch, ein Stück unserer Sammlung als Andenken.
T. Mavrina, N. Kuzmin. 19/VIII 78.
Danke für das Album!